WCGALP – Methodik

Das Thema Methodik in der genomischen ZWS war auch an dieser Konferenz sehr prominent vertreten. Bereits in der ersten Plenary session wurde von Mario Calus aufgezeigt, dass dieses Jahr erstmals mehr Paper zu Genomic prediction als zu GWAS und QTL prediction eingereicht wurden.

Zum einen gab es Sessions die spezifisch nur dem Thema «Methods and Tools» gewidmet waren. Zum anderen wurde der Themenkreis “genomische Selektion”, insbesondere die Single-Step-ZWS, auch immer wieder bei anderen Themen aufgegriffen und diskutiert.  

Als erstes Beispiel wurde von Daniela Lourenco von der University of Georgia die Weiterentwicklung der blupf90-Programme vorgestellt. Dieses bekannte Programmpaket wurde grundlegend überarbeitet. Es kann vor allem für Varianzkomponentenschätzung und die traditionelle und genomische ZWS eingesetzt werden. Mit ihm können aber auch viele vor- und nachgelagerte Prozesse, die für die oben genannten Methoden wichtig sind, durchgeführt werden.  

Abb 1: M.Calus WCGALP 2022 Anzahl eingereichter Papers zu den Themen GWAS/QTL (blau) und Genomic Prediction (rot) 

Abb 2: Frischknecht et al. 2016, EAAP Belfast : Genauigkeit der genomichen ZWS mit verschiedenen Markerdichten im Vergleich zur 50k Dichte für die Merkmale NRH: non-return rate Rind, SCS: somatic cell score und STA: Kreuzbeinhöhe 

In der Session “Challenges – Use of whole genome sequence information” wurden verschiedene Beiträge gezeigt, wie die Auswahl von Markern für die genomische Selektion optimiert werden kann. Wir haben bereits vor einigen Jahren dargelegt, dass es wenig Genauigkeitsgewinn bringt, wenn sämtliche imputierten Sequenzvarianten berücksichtigt werden. Diese Grunderkenntnis haben verschiedene Vorträge in dieser Session bestätigt und neue Verfahren zur Auswahl eines optimalen Markersets vorgestellt.

Single-Step-ZWS

Bei der Single-Step-ZWS werden gleichzeitig genomische und phänotypische Informationen verarbeitet.
Je länger je mehr wird sie zum Standard für neue, aber auch für traditionelle Merkmale. 

 

Minna Koivula von LUKE hat in einem Kurzvortrag («Pitch») vorgestellt, wie in den nordischen Holsteinrassen Zuchtwerte für Milchleistungsmerkmale mit dem sogenannten ssGTBLUP Modell (eine spezielle Form der Single-Step-ZWS) und Meta-Founders geschätzt wurden. Durch Meta-Founders wird die Genetik von Tieren modelliert, die keine Elterninformation im Pedigree haben. In diesem Vortrag wurde ausserdem dargelegt, wie die Information ausländischer Tiere berücksichtigt werden kann.   

Die Single-Step-ZWS macht auch vor den Fleischrindern keinen Halt. Mit dem Vortrag «Accuracy of pedigree and genomic predictions of meat quality in a multi-breed cattle using single and two step model»  wurde die Bedeutung dieser neuen Methodik für Merkmale, die schwierig zu erfassen sind, wie die «Fleisch-Ess-Qualität», welche Zartheit, Saftigkeit und Geschmack beinhaltet, hervorgehoben. Dieser Merkmalsblock ist für die Konsumenten äusserst relevant. Die Sicherheit der Zuchtwerte kann mit genomischer Information verbessert werden. Die genomischen Zuchtwerte für die “Fleisch-Ess-Qualität” mit der Single-Step-ZWS werden in Irland mittlerweile routinemässig publiziert.  

“beef-on-dairy”

Es werden vermehrt Milchkühe mit Fleischrinderstieren besamt. Dies wird “beef-on-dairy” genannt. Um auch hier gute Vorhersagen zu erhalten, werden Werkzeuge dafür entwickelt. Ein Beispiel dazu wurde beim Vortrag «Decision support tools to support a more sustainable beef-on-dairy industry» präsentiert. In Irland wurden drei Methoden entwickelt. Die erste ist der Dairy Beef Index (DBI), welcher die Elite-Fleischrinderstiere für Milchvieh identifiziert. Dank diesem Index können Geburtsmerkmale und Schlachtmerkmale gleichzeitig verbessert werden. Das zweite Werkzeug erlaubt eine Rangierung der Anpaarungen. Mit dem dritten rangieren sich die resultierenden Nachkommen nach ihrem Marktwert. Indem diese drei Werkzeuge kombiniert werden, können sowohl die Wirtschaftlichkeit als auch die Nachhaltigkeit des «beef-on-dairy»-Systems verbessert werden.  

Fazit

Am Weltkongress  wurde die gesamte Bandbreite an Entwicklungen und Anwendungen der SingleStep-ZWS präsentiert. Es lohnt sich, das Programm durchzuschauen und einzelne Paper zu studieren.