Die Selektion von potenziellen Elterntieren aufgrund von mehreren Merkmalen ist nur mit einem Gesamtzuchtwert effizient umsetzbar. In einem Gesamtzuchtwert werden die Zuchtwerte einzelner Merkmale aufgrund ihrer wirtschaftlichen Bedeutung gewichtet und in einer Zahl zusammengefasst. Die wirtschaftliche Bedeutung eines Merkmals entspricht der Veränderung des Gewinns eines Betriebs bei einer kleinen Änderung des Populations- mittelwertes des Merkmals. Der Gewinn eines Betriebs wird mit einem Produktionsmodell simuliert. Der wahre Gesamtzuchtwert ist unbekannt, da die wahren Zuchtwerte unbekannt sind. Aus diesem Grund wird der Gesamtzuchtwert in der Praxis mit Hilfe von Indizes ausgewiesen.
Index Beef-on-Beef
Unter dem Begriff «Beef-on-Beef» verstehen wir die Entwicklung von verschiedenen Indizes für den Einsatz von Fleischrinderstieren auf Fleischrinderkühe in der Mutterkuhhaltung. Ökonomische Gewichte wurden für zwei Produktionssysteme in der Mutterkuhhaltung berechnet, welche während der Vegetationsperiode Weidehaltung betreiben:
- Fleischrinder-Herdebuch-Betriebe (FLHB) sind Mutterkuhbetriebe mit Reinzucht- tieren. Diese produzieren weibliche und männliche Tiere für die eigene Remontierung oder für den Verkauf in andere Produktionssysteme.
- Produktionsbetriebe sind Mutterkuhbetriebe mit Reinzuchttieren bzw. meistens Kreuzungstieren. Sie produzieren weibliche und männliche Natura-Beef-Tiere für die Schlachtung. Diese Produktionsbetriebe betreiben keine eigene Remontierung, d. h. sie kaufen weibliche Remonten und Stiere (aus FLHB-Betrieben) für den Natursprung.
Die ursprüngliche Idee war, die ökonomischen Gewichte der FLHB-Betriebe für die Konstruktion eines Remontenindex und die ökonomischen Gewichte der Produktions- betriebe für einen Produktindex zu verwenden. Mittels Gewichtung der ökonomischen Gewichte pro Produktionssystem aufgrund der Anzahl Kühe im jeweiligen System, sollte ein kombinierter Index gebildet werden. Während der Entwicklung wurde jedoch festgestellt, dass die Rangkorrelation zwischen dem Remontenindex und dem Produktindex sehr hoch ist. Um die Anwendung für den Züchter so zielgerichtet und einfach wie möglich zu gestalten, wurde entschieden, nur einen gemeinsamen Gesamtzuchtwert mit der Bezeichnung Index Beef-on-Beef (IBB) zu verwenden, der auf den ökonomischen Gewichten der Herdebuchbetriebe basiert. Die ökonomischen Gewichte der Herdebuchbetriebe wurden gewählt, da sie die Unterschiede zwischen den Rassen besser aufzeigen und alle relevanten Merkmale der Mutterkuhhaltung (Geburtsgewicht beef direkt und maternal, Geburtsablauf beef direkt und maternal, Absetzgewicht direkt und maternal, Fleischigkeit, Fettabdeckung und Schlachtgewicht für Natura-Beef) enthalten. Für die Rassen Original Braunvieh und Simmental werden nicht nur die ökonomischen Gewichte der Einzelmerkmale für Natura-Beef, sondern auch für Bankkälber und Banktiere berücksichtigt. Damit entspricht der Teilindex für Schlachtmerkmale dem Fleischindex für Zweinutzungsrassen (vgl. unten). Die Indexwerte für Beef-on-Beef werden für die Rassen Angus, Limousin, Simmental und Original Braunvieh geschätzt und auf Basis 1000 und Standardabweichung 120 standardisiert. Das Ziel dieser Standardisierung ist es, dass sich der Index Beef-on-Beef von den Einzelzuchtwerten abhebt, da es sich dabei um das effizienteste Selektionswerkzeug handelt, das verwendet werden sollte. Der Index Beef-on-Beef wurde am 2. April 2024 erstmals publiziert.
Fleischindex für Zweinutzungsrassen
Mit dem Fleischindex (IVF) bei swissherdbook und dem Fleischwert (FW) bei Braunvieh Schweiz wurden bereits bisher Indizes für Schlachtmerkmale bei den Zweinutzungsrassen Simmental (SI) und Original Braunvieh (OB) in der Milchviehhaltung publiziert. Aufgrund der erheblichen Unterschiede zwischen den wirtschaftlichen Strukturen von Mutterkuh- und Milchviehbetrieben wäre die Entwicklung je eines spezifischen Indexes für die Schlachtmerkmale der reinrassigen Tiere der Rassen SI und OB nach Produktionssystem naheliegend. Trotz der Unterschiede zwischen der kombinierten Milch- und Fleischproduktion sowie der reinen Fleischproduktion haben sich die beteiligten Organisationen für einen gemeinsamen Index entschieden, um dessen Anwendung für die Züchter zu vereinfachen. Dieser setzt sich aus den Absatzkanälen Bankkälber, Natura-Beef und Banktiere zusammen, die nach der Anzahl der geschlachteten Tiere der jeweiligen Rasse gewichtet werden. Pro Absatzkanal werden die Einzelmerkmale Fleischigkeit, Fettabdeckung und Schlachtgewicht berücksichtigt. Die berechneten Indexwerte werden auf Basis 100 und Standardabweichung 12 standardisiert. Dieser neue Index Fleisch Viande (IFV) ersetzt seit April 2024 den bisherigen Fleischindex von swissherdbook bzw. den Fleischwert von Braunvieh Schweiz.
Abb.: Das Projekt Gesamtzuchtwert mit Produktions-modellen widmete sich unterschiedlichen Aufgaben, die von verschiedenen Züchterinnen und Züchtern angefordert wurden. Im April wurden zum ersten Mal die Indizes (IBB und IFV) veröffentlicht (siehe Rahmen). Der Bereich Beef-on-Dairy ist noch in Bearbeitung.
Ausblick
Mit je einem Index für die Fleischrinderzucht und die Zweinutzungsrassen stehen den Züchterinnen und Züchtern der betroffenen Rassen seit April 2024 neue kundenfreundliche Selektionsinstrumente zur Verfügung. Was im Moment noch fehlt, ist ein Index für den Einsatz von Fleischrassenstieren auf Milchkühe. Ein solcher «Beef-on-Dairy» Index befindet sich aktuell noch in Entwicklung und soll die Züchterinnen in Zukunft beim Anpaarungsentscheid für die beliebten Gebrauchskreuzungen unterstützen