Zuchtwertschätzung Ketoseresistenz

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Die Zucht auf Widerstandskraft gegen Ketose effektiver zu gestallten, ist der Zweck der neuen Zuchtwertschätzung Ketoseresistenz. Die Basis dazu bildet die Analyse von Milchproben.

Die Krankheit Ketose ist eine teure Angelegenheit. Unter niederländischen Produktionsbedingungen wurden kürzlich die Kosten für einen Ketose-Fall geschätzt. Die Kosten wurden bei klinischer Ketose auf  durchschnittlich € 709 geschätzt und diejenigen eines Falls sub-klinischer Ketose im Schnitt auf € 150 geschätzt. Neben grosser Sorgfalt bei der Fütterung, insbesondere bei Kühen in der Galtphase und der Frühlaktation, kann der Ketose auch züchterisch entgegengewirkt werden.

Qualitas entwickelte ZWS Ketoseresistenz

Am effektivsten funktioniert Zucht wenn die Elterntiere mit den besten genetischen Veranlagungen miteinander gepaart werden. Eine möglichst genaue Aussage über die genetischen Veranlagungen zu machen, ist Sinn und Zweck der Zuchtwertschätzung (ZWS).

Qualitas hat im Auftrag der Schweizer Milchviehzuchtorganisationen eine ZWS für Ketoseresistenz entwickelt.

Ketoseresistenz wird nicht direkt beobachtet

Um Zuchtwerte schätzen zu können, müssen Beobachtungen und Messungen zum interessierenden Merkmal gemacht und aufgezeichnet worden sein. Im Falle der Ketoseresistenz ist es jedoch so, dass nicht das Merkmal selbst, sondern Hilfsmerkmale, die mit Ketose im Zusammenhang stehen, erhoben werden.

Bei diesen Merkmalen handelt es sich um Ketosediagnosen aus dem elektronischen Behandlungsjournal, Body Condition Scores (BCS) aus der LBE und um gewisse Ergebnisse der Analyse von Milchproben aus der Milchleistungsprüfung.

In der Milch liegt der Schlüssel

Für die ZWS Ketoseresistenz wurden die Ketosediagnosen und die BCS nicht verwendet. Erstere aufgrund der tiefen Anzahl Beobachtungen. Die BCS weil sie oft nicht in der für die Ketose relevanten Frühlaktation erhoben wurden und weil sie nur für erstlaktierende Kühe systematisch vorhanden sind.

Bei der ZWS Ketoseresistenz setzen wir auf das Fett:Eiweiss-Verhältnis und die Aceton-Konzentration in der Milch sowie auf die Konzentration von nicht-veresterten Fettsäuren (NEFA) im Blut. NEFA sind ein Zeichen für Fettmobilisation und ihre Konzentration im Blut wird anhand der Milch bestimmt. Dies funktioniert durch Vorhersagegleichungen auf Basis von MIR-Spektraldaten der Milch.

NEFA in Blut wird zu Ketoseresistenz

Die drei erwähnten Messgrössen stehen für alle Milchproben zur Verfügung. Für die Krankheit Ketose sind jedoch nur die Messwerte in der Frühlaktation relevant. Um diesen Umstand zu berücksichtigen, wird für die ZWS Ketoseresistenz auf die höchsten verfügbaren Messwerte im Zeitraum von Laktationstag 5 bis Laktationstag 60 eingeschränkt.

Für die so definierten Merkmale wurde ein genetisches Mehr-Merkmale-Modell entwickelt, mit dem die Schätzung von Zuchtwerten durchgeführt werden kann. Für jedes Tier gibt es somit Zuchtwerte für drei Merkmale. Diese werden anschliessend zu einem einzigen Zuchtwert für Ketoseresistenz kombiniert. Diese Kombination geschieht auf simple Weise: Als Zuchtwert für Ketoseresistenz wird der Zuchtwert für NEFA in Blut genommen, jedoch mit gedrehter Skala. Hohe Zuchtwerte entsprechen somit wenig NEFA in Blut.

Beste Übereinstimmung mit Zuchtwerten aus den USA

Weshalb NEFA in Blut und nicht das Fett:Eiweiss-Verhältnis oder Aceton in Milch? Die Wahl basiert auf der Beobachtung, dass von allen verfügbaren Merkmalen die Zuchtwerte für NEFA in Blut am besten mit den Ketoseresistenz-Zuchtwerten aus den USA übereinstimmen. Der Vergleich konnte nur für Holsteinstiere gemacht werden, ist aber besonders relevant, da die Ketoseresistenz-Zuchtwerte in den USA auf Diagnosedaten basieren. Und nicht vergessen werden darf, dass das Fett:Eiweiss-Verhältnis und Aceton in Milch über die genetischen Korrelationen auch die Zuchtwerte für NEFA in Blut beeinflussen.

Höhere Zuchtwerte, weniger krank

In der Abbildung sind die Anteile Laktationen mit einer Ketoseerkrankung von Kühen in verschiedenen Zuchtwertklassen dargestellt. Damit kann ein Eindruck gewonnen werden, ob wir mit dem neuen Zuchtwert Ketoseresistenz auf dem richtigen Weg sind. Der Grafik kann entnommen werden, dass zu Kühen mit höheren Zuchtwerten weniger Ketosediagnosen über das elektronische Behandlungsjournal erfasst wurden.

Wie bereits erwähnt, wurden bisher aber erst wenige Diagnosen erfasst, insofern sind die Zahlen wenig belastbar. Sie stimmen aber dennoch optimistisch, da es sich bei den Ketosediagnosen um Daten handelt, die unabhängig von den in der ZWS verwendeten Milchanalysedaten sind.

Interne Evaluation

Beim Zuchtwert Ketoseresistenz – der eigentlich ein Zuchtwert für NEFA in Blut ist – besteht eine gewisse Unsicherheit, wie stark die Zuchtwerte wirklich mit natürlicher Widerstandskraft gegen Ketose zusammenhängen. Aus diesem Grund und aufgrund der derzeit fehlenden genomischen ZWS für das Merkmal, werden die Zuchtwerte vorerst nicht veröffentlicht, sondern von swissherdbook und den KB-Organisationen intern evaluiert.

Ketoseresistenz im Projekt HappyMoo

Die ZWS Ketoseresistenz ist die erste Dienstleistung der Schweizer Milchviehzuchtverbänden bei der Vorhersagegleichungen auf Basis von MIR-Spektraldaten ausserhalb der Milchanalysegeräte angewendet werden.

Die MIR-Spektraldaten werden gewonnen, indem gemessen wird, wie viel Infrarotstrahlung verschiedener Wellenlängen durch eine Milchprobe hindurchkommt. Anhand dieser Messungen können dann Rückschlüsse auf die Mengen an Milchinhaltsstoffen und auf sonstige Vorgänge in der Kuh (z. B. Konzentration von NEFA in Blut) gemacht werden.

Das Projekt HappyMoo, bei dem auch die Qualitas involviert ist, stützt sich stark auf die Verwendung von MIR-Spektraldaten ab. Ziel des Projekts ist es Milchproduzenten, Tierärzten und Beratern ein Instrument zur Überwachung des Wohlergehens der Kühe und insbesondere der Freiheit von Krankheiten, Hunger und Stress zur Verfügung stellen.

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